Mittwoch, 22. Oktober 2014 | Teil 3
Zur Einstimmung
Mangels eines aussagekräftigen Fotos meinerseits, hier ein kurzer Film mit Blick auf Manarola:
Ankunft
Bahnhof Manarola. Dieser liegt zur Hälfte im Tunnel. Ausstieg, erneut mit diesen Touristenmassen. Wieder geht es durch einen Fußgängertunnel in den Ort. Da wir in Riomaggiore die Erfahrung gemacht hatten, dass es ruhiger wird, je weiter man sich vom Bahnhof entfernt, machen wir uns schnell auf die Socken. Für einen Barbesuch ist es aber zu früh. Noch hoffen wir, einen Weg nach Corniglia ausfindig zu machen und schauen uns um.
Keiner schlafe
Der schmale gepflasterte Weg wirkt anziehend, das pastellige Vanillegelb und Meerblau empfinde ich als wohltuend, könnte die Tischchen und Stühle immerfort anschauen. Ein (noch) stiller und friedlicher Ort. Ich nahm an, dies sei ein Durchgangsweg:
Der endete dann aber doch hinter den Tischen. Schon erstaunlich — nach dem Andrang am Bahnhof — dass es hier so ruhig blieb. Die Tische gehören zum Weinlokal „Nessun Dorma“. Nessun Dorma, zu deutsch: keiner schlafe. Am Abend könnte man hier bei einem Glas Wein die Sonne untergehen sehen. Wie wunderbar heute das Meer leuchtet. Die Wasseroberfläche wirkt so glatt. Doch sobald das Wasser an die Felsen schlägt, wird sichtbar, wie aufgewühlt das Meer heute ist. Kann man sich bei diesen Bildern vorstellen, dass es so richtig stürmisch war? Ich finde nicht. Hier war es auch etwas windgeschützt oder es gab gerade eine Pause von den Böen.
Auf dem oberen Bild lugt eine Sehenswürdigkeit hervor: unten am Einschnitt zum Meer auf der linken Seite. Die Reste einer Bastei aus dem 13. Jahrhundert. — Gedanklich damit beschäftigt, wie wir den Tag gestalten wollen, gehen wir hin und her, versuchen dabei den traumhaften Ort zu genießen, was uns hier noch nicht so recht gelingen will. Die Enttäuschung wegen der Wanderwege ist gar nicht so ohne …
Die Boote parken auf der Straße ganz richtig; Manarola hat nämlich keinen Hafen. Wie auch in Riomaggiore verläuft hier unterirdisch ein Fluss, der Rio di Groppo; seinem unterirdischen Lauf folgt die Straße durch den Ort. Mit dem Auto darf man hier nicht fahren. Die Zufahrt endet bereits außerorts. Auf obigem Bild nicht zu sehen, weil ich nämlich drauf stehe: An dieser Stelle versperrt — so schaut es von der Straße her aus — eine bunt plakatierte Mauer die Hauptstraße: Zwischen den Wänden fährt die Bahn entlang. Ahnt man gar nicht, wenn nicht gerade ein Zug durchrattert.
Der Dorfplatz — als ich die Aufnahme mache, habe ich ihn mehr im Rücken — wirkt ziemlich verlassen; die Saison geht zu Ende. Man ahnt an dieser Stelle ganz besonders, welch buntes Treiben hier im Sommer sein dürfte. Innerhalb der nächsten zwei Wochen kehrt noch mehr Ruhe ein und das Dorf wird deutlich weniger Einwohner zählen als während der Saison.
Hinweisschilder
Trattoria dal Billy — ich machte die Aufnahme einfach nur so, wir haben die Trattoria selbst gar nicht gesehen oder zumindest übersehen.
Groppo und Volastra
Es gibt nicht nur den Fluss namens Rio di Groppo, sondern auch eine kleine Siedlung mit diesem Namen. Groppo liegt etwas oberhalb von Manarola, auf halbem Wege nach Volastra, und ist für den hier angebauten Sciacchetrà, einem ausgezeichneten süßen Wein, bekannt. Vermutlich an den Steinen der Hinweis auf Volastra, weil dort eine Wallfahrtskirche zu besichtigen ist: Ns. Signora della Salute. Volastra hat weniger als 200 Einwohner. Groppo noch weniger.
San Lorenzo
An Manarolas oben liegenden Ortsrand gibt es eine kleine Piazza. Hier steht die Kirche San Lorenzo:
Der Glockenturm steht wenige Schritte entfernt. Irgendwo las ich, der Glockenturm sei, nicht nur hier, wegen der Vibrationen beim Glockengeläut von der Kirche getrennt gebaut.
Hier ganz in der Nähe gibt es einen Trekkingladen Cinque Terre Trekking. Naheliegend zu versuchen, dort an nähere Informationen zu den Wanderwegen zu kommen. Ja, uns auch eine Empfehlung geben zu lassen. Leider bleibt die Sache trotz freundlicher Beratung zu ungewiss, zu einem guten Teil auch dem stürmischen Wetter geschuldet. Beim planlosen Umhergehen entdecken wir dieseTreppengasse. Irgendwie zieht es mich da hinauf und wo wir doch schon mal hier sind … Rein zufällig entdecken wir auf diesem Wege den uns noch unbekannten Zugang zum ursprünglich geplanten Weg. Aber naja, hören wir auf, das zu bedauern und freuen uns lieber auf das, was wir auf anderem Wege noch zu sehen bekommen.
Inzwischen bietet der Sturm erneut einen seiner Höhepunkte. Haben wir deshalb mit einem Male großen Appetit auf einen Cappucchino bekommen? Auf dem Bild – rechte Straßenseite, hinter den Booten – ist ein hell überdachter Vorbau zu sehen. Dort hinein flüchten wir: in die Trattoria il Porticciolo. Bestimmt halten mich die wenigen Gäste dort für plemplem, wie ich mit schreckgeweiteten Augen wegen des Windchens hineinstürze. Doch seit Elba habe ich großen Respekt, na gut: Angst vor dem Sturm. Damals fühlte ich mich ja auch nicht in Gefahr. Nun bin ich vielleicht übertrieben vorsichtig geworden. Egal, die kleine Pause und ein bisschen Ausruhen finden wir ganz schön. Ohne von all den neuen Eindrücken, die der Ort zu bieten hat, abgelenkt zu werden, können wir noch mal besprechen, wie wir den Rest des Tages gestalten wollen. Bald sind wir uns einig: wir fahren mit der Bahn weiter nach Corniglia und anschließend nach Vernazza.
Stazione Manarola
Wir machen uns auf den Weg durch den Tunnel zum Bahnsteig. Dank Streetview kann jetzt jeder hier direkt durch den Tunnel zum Bahnsteig gehen:
Der Zug hat eine halbe Stunde Verspätung. Wenn das bei der Weiterfahrt in Corniglia so weiter geht … Wir fürchten, die Zeit könne uns endgültig davon laufen. Auch wenn es schade ist — schon wieder etwas, das wir nicht zu sehen bekommen — lieber fahren wir direkt nach Vernazza und haben dort mehr Zeit zum Erkunden, als unsere Zeit mit langem Warten zu verplempern und nirgendwo richtig Zeit zum Schauen zu haben. Im Herbst sind die Tage leider schon recht kurz.
Der Sturm peitscht das Wasser bis hinauf zum Bahnsteig. Als eine weiße Gischtwolke feinen Regen auf die Wartenden sprüht, wird es mit einem Male ganz still und nicht wenige schauen besorgt auf das Meer hinaus. Ja, das ruhig wirkende Bild nahm ich während des Warten auf. Die großen Wellen scheinen unter der Wasseroberfläche an die Felsen zu rollen. Der Wind fegt vor allem in Böen richtig heftig, bringt Leitungen und Schilder zum Klappern; unsere Tochter sucht Schutz beim Vater.
Das folgende Video zeigt, dass der Bahnsteig gar nicht so nahe dem Meeresspiegel liegt, wie ich angesichts der Gischt angenommen hatte. Irre, welche Kraft die Wellen bei diesem Schönwetterhimmel hatten.