Aufbruch nach Bonassola

Donnerstag, 23. Oktober 20104 | Teil 1

Von Levanto-S. Anna bis Scernio

Theorie bei der gemütlichen Streckenplanung vorabends am Esstisch: Den Wanderkarten nach zu urteilen, war es nahezu unmöglich die erste Abbiegung auf dem Weg nach Bonassola zu verfehlen. Juchu!

Aufbruch

Mit einem leichten und beschwingten Gefühl starten wir unsere Wanderung in den Nachbarort Bonassola. Das Wetter ist nämlich fein — der Sturm vorüber, die Sonne scheint am wolkenlosen Himmel, die Luft ist klar und leicht, die Temperaturen angenehm warm. Ab Ferienwohnung geht es erst mal hinab in Richtung Levanto. Blick von der Straße nach links, über Levanto im Tal hinweg:

Blickrichtung Südost - "Hobbitwälder"

Blick von der Straße/ S. Anna in Richtung Südost. Irgendwie traumhaft. Man würde sich nicht wundern, liefe einem beim Wandern in den Bergen ein Hobbit über den Weg.

Bald jedoch suchen unsere Augen im nahen Umfeld … Langsam müsste mal der Weg nach rechts ins Blickfeld geraten … Da wir bisher immer die Treppen hinunter nach Levanto gegangen waren, ist uns dieser Straßenabschnitt weniger vertraut. Die einzige Möglichkeit nach rechts zu gehen ist diese Einfahrt:

Das sieht mehr nach Privatgrundstück aus denn nach einem öffentlichen Weg. Tatsächlich ist das der in der Karte eingezeichnete Weg, den wir suchten, aber wir erkannten ihn nicht als solchen. Hätte eh nichts gebracht. Die nächste Möglichkeit einem Weg nach rechts zu folgen, bietet nur wenige Schritte weiter die Via Trento e Trieste. Wirklich? Ist das wirklich schon die Hauptstraße?? Der geplante Weg hätte uns eh irgendwann, zumindest für ein kurzes Stückchen, auf diese Straße geführt. Schade, statt eines Pfades nun also Straße … Damit einhergehend eine Verlängerung der Strecke. Doch der Blick aufs Meer entschädigt dafür, dass schon wieder etwas anders kommt als geplant. Immer wieder blicken wir über die Schulter zurück nach Levanto, das immer kleiner wird.

Via Trento e Trieste

Bänke mit Ausblick sind immer eine willkommene Einladung. Da kann ich grummelnd einwenden, wir seien doch gerade erst losgegangen und eine Pause noch viel zu früh. Vielleicht bin ich sowas wie ein menschlicher Schwerlasttransporter, der immer nur schwerfällig in Gang kommt und deswegen gerne in Fahrt bleibt?! Sicherheitshalber setze ich mich also nicht, sondern gehe hin und her. Hübscher Platz aber, keine Frage.

Monte Rossola (563m)

Via Trento e Trieste - Blick auf Monte Rossola

Via Trento e Trieste – Blick auf Monte Rossola

Der Anblick auf dem Foto oben ist typisch für diesen Abschnitt unserer Wanderung nach Bonassola. Den Monte Rossola vor Augen, den wir ja eigentlich, auf einem Pfad weiter unten, hatten umgehen wollen. Immer höher und höher windet sich die Straße. Das Meer bleibt nah und geht doch immer ferner. Selten nur kommt ein Auto. Dann aber, falls wir in einer Kurve sind, überlegen wir schnell, ob wir auf der linken oder rechten Straßenseite sicherer sind, denn die Einheimischen fahren hier rasant entlang. Sobald das Motorengeräusch verklingt, fühlt man sich wieder ganz allein.

Leicht beunruhigend nur, dass wir immer noch keinen Weg entdecken können, der nach links hinab in Richtung Bonassola führt! Beziehungsweise kamen wir an zwei Abwegen vorbei, die sich jedoch beide verwehren; Privatbesitz mit Warnung vor dem Hunde. Weiter unten am Hang sehen wir Wegabschnitte auftauchen, nur: wie hinkommen? Also der Straße nach, immer weiter bergauf.

Begegnung

Wir erreichen eine Haltemöglichkeit für Fahrzeuge am Straßenrand und treffen hier auf einen Engländer und ein Pärchen aus der Bretagne. Ich dachte, ich traue meinen Augen nicht. Den Franzosen nämlich hatte ich am Vortag in Vernazza gesehen: Als wir dort vom Turm kamen, fotografierte er neben einer Treppengasse irgendein Detail, das Türkis des Käppchens leuchtete geradezu vor dem Grau der Treppengasse.

Der Engländer und das Paar aus Bretagne beratschlagen sich gerade, als wir hinzukommen. Mein Mann gesellt sich mit seiner Karte dazu und macht so die Verwirrung endlich komplett. Nein, stimmt nicht. Am Ende hilft er allen weiter; sogar auch uns! Wir erzählen einander kurz vom Woher und Wohin, lachen ein bisschen zusammen und dann trennen sich die Wege wieder.

 

015-12-01-miniDie Gemeindegrenze ist bald überschritten. Schließlich gelangen wir sogar an die Kreuzung, die auf der Karte eingezeichnet ist. Folgende Bilder entstanden genau da, aus verschiedenen Blickwinkeln. Man beachte vor allem das Foto mit dem abgeschnittenen Schriftzug. Wenn das mal nicht perfekt gelungen ist! Lag an der Sonne, die mir neugierig über den Rücken schaute und auf dem Display der Kamera blendete.

Wir halten uns also links auf der Strada Provinciale 39. Da geht es bergab, ein gutes Zeichen.

Scernio

Wir erreichen Scernio – Ortsteil von Bonassola. Als sich das Meer erneut ins Blickfeld schiebt, staune ich, wie viel wir auf dem Stück schon an Höhe verloren haben.

An dieser Stelle — am Zebrastreifen — kreuzt von links (Foto links) der kleine Weg, auf den wir ursprünglich gehen wollten. Das Bild rechts zeigt das gleiche Haus von der dem Meer zugewandten Seite. Wäre ich clever gewesen, hätte ich mich so gestellt, dass ich im Spiegel zu sehen bin.

029-b-12-20-40

Etwas versteckt im Schatten — hinter den wegweisenden Schildern — finden wir unseren weiteren Weg. Ganz nach Plan. Hat was!

Unser Weg bis hierher lässt sich zu einem guten Teil auf einer Suzuki miterleben. Der Film sollte etwa bei Minute 4:40, beim grauen Haus, starten. Die Fahrt geht allerdings in entgegengesetzte Richtung und führt direkt nach Levanto:

Ehe wir den Weg nach Bonassola verfolgen, eine kleine Werbeunterbrechung.

Im Zeichen der Schnecke

Cittaslow - Entschleunigung

Entschleunigung

Nein, nicht wirklich Werbung. Aber die Auszeichnung Cittáslow — Levanto erhielt diese im Jahr 2003 — schmückt einen Ort ja schon. Nicht nur das. Beispielsweise wurde Mülltrennung im Ort eingeführt, die Bauern in der Region werden gestärkt, indem vor allem regionale Erzeugnisse verkauft werden.

Wer mehr darüber lesen möchte, wird unter folgenden Links fündig:
Dossier: Slow City – die Internationale der urbanen Langsamkeit
City Slow – Publikation der Uni Stuttgart (Levanto ab S. 39)
Cittaslow Deutschland: Kriterien

Weiterlesen: Teil 2 – Bonassola | Ort und Strand

Cinque Terre | Vernazza

Mittwoch, 22. Oktober 2014 | Teil 4

Vernazza hat einen kleinen Bahnhof, aber wir saßen eh in einem mittleren Wagen. Unsere ersten Schritte führen hinab zur Piazza Marconi, zum Meer. Auch viele andere Touristen zieht es in diese Richtung.

Wir lassen uns einfach treiben … Treppen hinauf …

ingresso

Eintritt: 1,50 Euro

… und kommen zufällig am Zugang zum Turm des Castello Doria vorbei. Ein Schild neben dem Kassenfenster sagt, dass das Eintrittsgeld nicht in der Cinque Terre Card enthalten ist. Lohnt es überhaupt aufs Türmchen zu steigen? Die Aussicht ist doch eh schon immer fantastisch, je höher man in den Dörfern kommt. Die Anziehungskraft des Turmes siegt, wir zahlen und steigen eine Treppe hinauf, die auf das obere Fundament des Castello führte. Und welch eine Überraschung uns hier erwartet: Nur eine Handvoll Menschen um den Turm herum! Eine Oase der Ruhe, von unten her das Rauschen der Wellen. Super Platz zum Pausieren! Vorab aber mal rauf auf den ollen Turm! Durch eine kleine offene Tür; eine schmale Treppe kreiselt nach oben. Es ist so eng hier drin, man könnte kaum die Stufen runterpurzeln.

Castello Doria

Turm — Castello Doria

Der Turm steht auf einem Felsvorsprung; bei klarem Wetter bietet sich hier eine fantastische Rundumsicht. Das Meer leuchtet in den schönsten Farben. Großartig.

Vernazza zu Füßen …

Licht an der engen Wendeltreppe

Licht an der engen Wendeltreppe

Nicht so einfach aus dem Turm wieder rauszukommen!  Inzwischen scheinen sich doch ein paar Touristen hierher verirrt zu haben. Gerade liegt ein Drittel der Stufen hinter mir, kommt eine Familie entgegen. Rucksäcke, wir alle. Auch ohne Rucksack müsste man sich richtig aneinander reiben. Nein, lieber der freiwillige Rückzug, zumal ich nur eine Person bin. Zweiter Versuch, ich schaffe die halbe Länge! Ganz selbstverständlich bleiben die Leute stehen und warten, dass ich — wieder ich! — die Bahn frei mache. Auch der dritte Versuch, dem Turm zu entkommen, scheitert nach zwei Drittel der Treppe. Nach fünf vergeblichen Versuchen, finde ich das nicht mehr witzig, vor allem wenn ich schon fast unten an der Tür bin. Wahrscheinlich werde ich für immer diesen Turm rauf und runter steigen müssen. Nicht mit mir! Mit dem festen Entschluss jeden Entgegenkömmling zu ignorieren, ihn notfalls plattzuwalzen, starte ich Versuch No. 6 — und: niemand kommt! Langweilig.

neben dem Turm

Plattform Castello Doria: Stufen zum Turminneren

 

Als wir alle wieder beisammen sind, suchen wir einen schönen Platz auf einem Mäuerchen und holen unsere Stullen raus. mampf mampf Schmeckt super an diesem schönen Plätzchen!

Wir könnten noch viel länger hier oben sitzen und gucken. Gleichzeitig möchten wir noch mehr von Vernazza sehen, also auf auf!

v14-37Wieder unten auf dem Platz:

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Der Sturm ist immer noch kräftig. Hier entdecken wir — fast wäre es zwischen all den bunten Schirmen nicht aufgefallen — ein gehisstes rotes Fähnchen: das Baden im Meer ist zu gefährlich.

Die Schirme haben ihre Flügel angelegt. Und ich die Ohren. Zumindest dürfte die Wäsche heute gut trocknen. Die Luft ist längst nicht mehr so feucht, wie sie am Wochenende war. Schade, dass man das Gefühl auf der Haut und die Gerüche nicht mitnehmen kann.

v15-17-00Noch einmal an Höhe gewinnen … und aus der Nähe betrachten, was vom Turm aus so winzig aussah:

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Der achteckige Glockenturm gehört zur Kirche Santa Margherita d’Antiochia. Im Hintergrund das Castello Doria — am Turm schnell zu erkennen.

Einen Blick noch hinab zum Tunnel, durch den wir später fahren würden. Der im Freien liegende Schienenabschnitt entspricht von der Länge her in etwa dem des Bahnhofs Vernazza.

In der Bucht ganz hinten ist Monterosso mehr zu erahnen denn zu sehen. Außerdem sieht man die spitze Nase des Punta Mesco:

v15-28Ein letzter Blick, ein letztes Klick …

v15-34Speicher voll

Speicherkarte voll

oh oh …

Speicherkarte voll! Oh nee! Vernazza ist das kleinste der fünf Dörfer und doch machte ich gerade hier die meisten Aufnahmen. Schnell die Aufnahmen checken und die schlechten löschen? So viel Tourismus hier im Dorf … in einem der Lädchen müsste es eigentlich SD-Cards geben? Im ersten Lädchen waren die leider ausverkauft. In einem anderen hielt uns der Verkäufer achselzuckend ein Pappschächtelchen mit einer Auswahl hin. Super, ich werde fündig! Etwas teurer, aber ich bin doch nicht blöd und verzichte deswegen. 😉 Im Nachhinein kann ich sagen: Gut, dass ich dort gleich eine kaufte. Der Ausflug am nächsten Tag führte nach Bonassola und dort hätte ich nichts bekommen; der Ort wirkte fast geisterhaft verlassen. Dazu aber mehr im nächsten Bericht.

Von Vernazza ist man mit der Bahn in nur zehn Minuten in Levanto. Wir machen uns auf den Weg hinauf zur Ferienwohnung. Statt des Wegs direkt neben dem Friedhof, gehen wir dieses Mal mitten hindurch und stellen fest, dass die gleichmässigen Stufen hier viel bequemer zu gehen sind.

16-05-29-Levanto 22.10.2014 16-05-13Einmal nach Levanto zurück- und hinabblicken. Gleich werden wir erst mal Kaffee kochen und dann mit dem Auto zum Einkaufen losdüsen.

Als wir aus dem Supermercato herauskommen, ist es schon fast dunkel. Auf dem Balkon ist es auch im Dunkeln schön. Unten im Tal die vielen Lichter und Geräusche. Die Beine hochlegen — herrlich. Uns beschäftigen inzwischen wieder die Briefmarken, die wir in Monterosso kauften. Blöööööd, wir brauchen richtige Briefmarken und nicht sowas! Aber dazu ein anderes Mal mehr.